Hardware-in-the-Loop-Validierung elektronischer Steuereinheiten

Mit der wachsenden technischen Bedeutung verteilter Systeme geht auch eine starke Veränderung der Struktur von Regelsystemen einher. Es wird nicht mehr eine einzelne Steuereinheit für die Regelung eines Prozesses eingesetzt, vielmehr bildet eine Vielzahl von Reglern zusammen mit Sensoren und Aktoren sowie der Regelstrecke selbst ein digital vernetztes dynamisches System.

Zur Validierung der Regelkonzepte wird immer häufiger auf das Konzept Hardware-in-the-Loop (HiL) zurückgegriffen. Hierbei werden die zu testenden elektronischen Steuereinheiten nicht direkt in das reale System, sondern in einen Teststand mit einer mathematischen Systemsimulation eingebunden. Mittels einer entsprechenden elektronischen Schnittstelle wird das Steuergerät mit der HiL-Plattform verbunden, so dass aus seiner Sicht kein Unterschied zwischen dem Teststand und der späteren Regelstrecke besteht. Während im Automobilbau HiL-Tests etabliert sind, existieren für Spezialmaschinen wie Traktoren, Kräne und Bagger keine vorgefertigten Simulationskomponenten.

Wegen der hochkomplexen Regelung und Dynamik sind Mobilkräne prädestiniert für ein Rapid Protyping mittels HIL-Simulation (Symbolbild).
© iStockphoto
Wegen der hochkomplexen Regelung und Dynamik sind Mobilkräne prädestiniert für ein Rapid Protyping mittels HIL-Simulation (Symbolbild).

Reglerentwurf und HiL-Tests

In diesen Anwendungen führt eine hohe Vernetzung zwischen mechanischen Funktionsgruppen, gekoppelt mit Hydraulik und Elektronik sowie vielen Aktoren und Sensoren, schnell zu komplexen dynamischen Modellen. Viele Baugruppen weisen zudem technische Restriktionen (z. B. durch Schläuche) auf, die abhängig vom Gesamtsystemzustand sind.

Wir entwickeln seit vielen Jahren geeignete mathematische Systemrepräsentationen für Baumaschinen und andere Nutzfahrzeuge. Diese Systeme sind echtzeitfähig und robust gegenüber Rauschen z. B. in analogen Steuersignalen. Zusätzlich wird stets eine Überwachungsumgebung implementiert, mit der fehlerhafte Stellsignale detektiert werden können, um so die Funktionstüchtigkeit des zu testenden Steuergeräts zu kontrollieren.

Der digitale Zwilling in der animierten graphischen Darstellung – hier eine Betonpumpe – reagiert auf jedes Signal der Steuereinheit.
© Fraunhofer ITWM
Der digitale Zwilling in der animierten graphischen Darstellung – hier eine Betonpumpe – reagiert auf jedes Signal der Steuereinheit.

Seit 2015 steht in der Abteilung außerdem ein HiL-Simulator mit einer umfangreichen I/O-Schnittstelle zur Verfügung, um die implementierten Systemsimulationen an die zu testenden elektronischen Steuereinheiten anzuschließen. So können die Systemmodelle schlüsselfertig erstellt und getestet bzw. für Kunden ohne eigenen HiL-Simulator die Reglervalidierung direkt am ITWM durchgeführt werden.

Neben den Spezialmaschinen sollen hierbei auch Fragestellungen im Umfeld Industrie 4.0 sowie intelligenter Energienetze adressiert werden. Zusätzlich zur Entwicklung echtzeitfähiger Simulationsmodelle liegt ein weiteres Augenmerk auf dem Entwurf von Regelalgorithmen und logischen Abhängigkeiten unter den Steuereinheiten. Aus den Erfahrungen aus der Systemmodellierung und Zustandsüberwachung für die HiL-Tests heraus entwickeln wir für das modellierte System valide Regler. Bei Bedarf werden diese auf unseren programmierbaren Steuereinheiten umgesetzt und am HiL-Simulator getestet.